Ulrich Sälzle Bildhauer
Federstrasse 6
79362 Forchheim
Tel. 0 76 42 - 28 27

ULRICH SÄLZLE       SKULPTUREN

Der Steinbildhauer Ulrich Sälzle:
Spannung zwischen Abstraktion und Mystik
REGIOMAGAZIN 9 /2003
von Kornelia Stinn


Der Steinmetz und Bildhauer Ulrich Sälzle bewohnt ein uriges Bauernhaus in Forchheim. Viel Platz gibt es da für die Skulpturen des Künstlers.
Diese offenbaren einen spannenden Dialog zwischen Kopf, Herz und Hand, der schließlich seine Form in Stein gefunden hat.
In einem Ausstellungsraum fällt eine reduzierte Kopfskulptur ins Auge, die auf einem kleinen Wagen über ein Rad gleiten kann. Die geräuschvollen Radumdrehungen werden durch einen Mechanismus in Gang gesetzt, der an einen Geldautomaten gekoppelt ist. "Rasender Stillstand", nennt der Künstler dieses Werk.
"Der Kopf eiert vor sich hin während das Rad sich zwar dreht aber eigentlich doch auf dem Fleck stehen bleibt", erläutert Sälzle seine Impressionen zum Werk. Von außen gesteuerte Mobilität, letztlich ohne jegliches Fortkommen, das ist hier sein Thema. Es ist Schwerpunkt einer gesamten Schaffensperiode. Aus dieser Phase stammt auch der Schaukelkopf von 1997, eine 1,85 cm hohe Komposition aus Diabas und Eisen. Zwei flächenhaft anmutende auf wenige Gesichtselemente reduzierte Köpfe sind mit senkrecht drehbaren Achsen in Gegenrichtung angebracht. Bewegung kann wieder nur von Außen kommen. Seine "Kopfarbeiten" reduzierte Sälzle immer mehr zur Fläche hin, bis zum Maskenhaften.
"Hinter der Maske", so der Künstler ,"steht immer etwas Geheimnisvolles, nicht unmittelbar Greifbares. Das hat mich gereizt". Und es reizte ihn auch, "aus der Fläche mit geringen Spannungen Effekte zu erzeugen." Das Wort "Spannungen" greift der Künstler immer wieder gerne auf. Ebenso lockt ihn die Gradwanderung zwischen dem Abstrakten und Mystischen. Deutlich zu spüren in seiner Codierung von Schriften, die sich an die "Kopfarbeiten" anschlossen.
Sie sind beherrschendes Thema vieler seiner Arbeiten. Auf die Einfachst-Zeichen Punkt und Strich reduziert, simulieren sie einen Code, der in Wahrheit unauflösbar ist. Eine beliebige Abfolge von Sägeschnitten und Bohrungen beispielsweise will eine Verschlüsselung vortäuschen und dadurch das Auge des Betrachters neugierig machen.
Der fühlt sich an die Hand genommen und eingetaucht in alte, vergessene Kulturen mit ihren mystisch anmutenden Schriftzeichen.
Seine regelmässigen Aufenthalte in Mexiko, die Begegnung mit der Jahrtausende alten Kultur der Olmeken (Untergang der Olmekenkultur: 300 n.Chr.) beeinflusste noch einmal Sälzles Werkideen. Sein erster Mexiko-Aufenthalt war zugleich eine Art Schnittpunkt in seinen beiden Schaffensperioden. Mit Begeisterung tauchte er ein in die Welt der Steinköpfe der Olmeken, die mit ein bis zwei Metern riesige Ausmaße einnahmen. Einmal mehr wurde ihm deutlich, wie das menschliche Antlitz auf der ganzen Welt und auch in längst versunkenen Kulturen in der Kunst (Skulptur wie auch Malerei) immer wieder als Thema auftaucht. Er reiste auch zu Kulturstätten in Veracruz und Tabasco. In Xalapa erhielt er schließlich den Auftrag, Arbeiten für den dortigen Skulpturenpark anzufertigen. Er kam auch in Kontakt mit renommierten Galerien in Mexiko-City, die er inzwischen regelmäßig mit seinen Arbeiten beliefert.
Auch den ausgegrabenen Schriften der Olmeken - heute kaum mehr zu entziffern - begegnete er zu einem Zeitpunkt, wo sein Interesse in diese Richtung ohnehin erwacht war.

Was führte Sälzle hin zu seinen Codierungs-Ideen?
"Es hat ursprünglich angefangen mit Texten von Baudelaire, die ich in Stein graviert habe. Ich habe sie in Kisten verpackt, um dadurch eine Distanz zur Schrift und zum Inhalt her zu stellen. Es ist eine Sprache, die uns heute eigentlich völlig fremd ist. So ist bei mir die Idee entstanden, mit der Schrift selber zu arbeiten."
In dem Raum neben seiner Werkstatt hängen sie an der Wand, jene Worte Baudelaires aus den Gedichten "Les fleurs du mal", verfremdet durch gebogene Oberflächengestaltung und verlaufende Lichteffekte, die die Schrift selbst unwichtig werden lassen. Verpackt in "Eisenkisten", die zusätzlich ganze Schriftelemente verbergen.
Bronze, Eisen und Stein, das sind die Arbeitsmaterialien von Sälzle, der Respekt vor dem Material führt die Hand mit dem Werkzeug. Nur naturgegebene Veränderungen, wie Oxydationen sind für ihn zulässig, nicht etwa großflächige aufgetragene Farbakzente. Besonders gern arbeitet er mit Stein. Was fasziniert ihn an diesem Material ?
"Die Natürlichkeit. Zum einen handelt es sich um ein uraltes Material mit dem schon immer gearbeitet wurde. Und gerade Schrift wurde anfänglich in Stein gearbeitet um Kulturen dauerhaft zu manifestieren. Es ist außerdem ein Material, dass ich weiß zu bearbeiten und auszuloten, wie es reagiert."
Aus Granit ist dann auch eine seiner neueren Arbeiten. Mehr ins Architektonische weisend hat sie die Spuren der Codierungsphase des Künstlers noch nicht abgestreift.
Der Künstler wurde 1965 in Laupheim bei Biberach a.d.Riss geboren. In Biberach machte er seine Ausbildung bei einem traditionellen Steinbildhauer und anschließend 1994 in Freiburg seinen Abschluss auf der Meisterschule für Steinbildhauer. Seine erste Ausstellung erfolgte bereits 1992 in einer Galerie in Burkheim/ Kaiserstuhl. In dieser Region gab es dann mehrfach Ausstellungen aber auch in der Galerie Lauper in Basel und immer wieder in Mexiko. Im Februar 2004 wird sich Ulrich Sälzle in der Galería Alva de la Canal in Xalapa /Veracruz in einer grossen Einzelausstellug präsentieren.